Was ist Ikebana?

Um das Wesen des Ikebana als Blumen-Kunst zu verstehen, muss der spezifische Unterschied zur westlichen Kunst einerseits und zur westlichen Floristik andererseits bestimmt werden. Wenn Kunst als Gestalten und Formen von Material definiert werden kann, dann ist Ikebana zweifellos eine Kunst. Das Material selber aber ist nicht „künstlich“ im eigentlichen Sinn, nicht bearbeitet, sondern es ist natürlich; es werden Blumen und Zweige verwendet. Durch das künstlerische Tun und Gestalten aber, und das ist das Wesentliche beim Ikebana, erhält das Natürliche ein zweites Dasein, das allerdings nicht ein künstliches Dasein ist, sondern auch wieder ein natürliches.

Diese so in ihrem zweiten Dasein zu neuem Leben erweckte Blume – eben dies heisst ja Ikebana auf deutsch – offenbart das Wesen des Natürlichen: Schönheit und zugleich Vergänglichkeit. Die schöne Blume verwelkt. Im Ikebana erfahren wir, dass Schönheit und Vergänglichkeit Zwillingsschwestern sind. Die westliche Kunst verdrängt dies. Sie verabsolutiert die Schönheit und will sie verewigen. Die westliche Floristik repräsentiert eine höhere Bewusstseinsstufe, denn sie weiss um die Vergänglichkeit, will sie aber durch einen Überfluss an Blumen verdecken. Im Blumenstrauss geht die einzelne Pflanze unter. Im Ikebana hingegen wird sie in ihrer schönen Einzigartigkeit zur Geltung gebracht.

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